Dienstag, 3. März 2009

Bali

Der Indische Ozean zeigt sich der Amadea unfreundlich gegenüber. Zuerst schaukelt er uns heftig und türmt Regenwolken auf; anschließend verhindert seine lange Dünung das Tendern am vorgesehenen Hafen auf Bali.
Christian Adlmaier und Kapitän Flohr haben wohl am Sonntag viel planen, telefonieren und organisieren müssen, damit wir dennoch am Montagmorgen an Land gehen können. Wir schaffen die wahrhaft kniffelige Einfahrt zum Benoa Port, nicht weit von der Hauptstadt Denpasar entfernt. Glücklicherweise können alle Ausflüge trotz allem stattfinden und wir freuen uns auf eine neue, aufregende Welt.

In großen Teilen der Mannschaft herrscht ebenfalls Aufregung: Putu, der an unserem Abendtisch die Getränke bringt, darf ausnahmsweise für einige Stunden an Land und kann zum ersten Mal seinen kleinen Sohn sehen, der Weihnachten auf die Welt gekommen ist! Die Schlepper, die uns morgens früh begleiten, haben ungewöhnlich viele Passagiere an Bord; offensichtlich haben viele Freunde und Verwandte die Gelegenheit genutzt, ihren Angehörigen an Bord auf diese Weise wenigstens ein ‚Hallo’ zuzuwinken. Auf Deck 7, direkt unter uns, laufen die Freudentränen..

Wir werden eingefangen von einer ungewohnten Kulisse. Kleine Fischerboote, ja sogar ein Boot, auf dem Menschen leben, begleiten uns fast an die Pier. Das ‚Weltreiseloch’ ist wie weggeblasen – endlich warten Abenteuer auf uns, unbekannte Länder und Motive!!

In zwei Bussen machen wir uns auf, ein kleines Stückchen von Bali, dieser grünen Insel, zu erobern. Unser Guide, Kami, spricht hervorragend Deutsch, er hat es sich, nach eigenem Bekunden, selbst beigebracht. Wir durchqueren Teile von Denpasar, in denen quirliges Leben die Straßen bestimmt. Ohne Moped ist man hier ein Nichts! Zwar gibt es auch schon viele, recht moderne, Autos, doch sausen die meisten Balinesen auf Vespas, auf denen auch schon einmal eine ganze Familie mit Eltern und 3 Kindern Platz findet, an Bussen und Automobilen vorbei. Der Linksverkehr und die riskanten Überholmanöver können einen schon schwindelig machen.

Überall stehen und hängen Plakate, wehen Fahnen und werben für über 40 Parteien, die am 9.März ins Balinesische Parlament wollen. Kami erzählt einiges vom Leben in Indonesien und vor allem auf Bali (‚Der Insel der Götter’). Die Menschen sind zu 80% Hindus und sehr gläubig; ihre Religion bestimmt das Leben, von Geburt bis zum Tode , und dank des Glaubens an die Wiedergeburt auch darüber hinaus. Überall sehen wir Tempel, in den kleinsten Dörfern gibt es mindestens drei – für jede der drei großen Gottheiten einen. Aber auch in den Häusern finden sich Tempel(chen) und die über 200 Festtage (im Jahr) der Balineser tun ein Übriges dazu, dass der Glaube stets präsent ist.

Es gibt zwar noch ein Kastensystem auf Bali, doch entscheiden nicht mehr die Berufe die Kastenzugehörigkeit, sondern einzig und allein die ‚vererbte’ Kaste des Vaters, des Mannes. Eine junge Frau nimmt immer die Kaste ihres Mannes an – egal, ob diese höher oder niedriger ist als die eigene. Sie darf sich verlieben und den Mann ihrer Wahl heiraten, doch werden die Eltern nicht begeistert sein, wenn sie dadurch in der Kaste sinkt. Ebenfalls ‚altmodisch’ in unseren Augen erscheint uns die Namensgebung: Die Namen der ersten 4 Söhne ist vor gegeben; und da jede Familie jeden Namen auch einmal vergeben möchte, neigt sie, trotz staatlicher Anstrengung, immer noch dazu, auch über die empfohlene Kinderzahl von 2 Kindern hinauszugehen. Gibt es weitere Söhne, bekommen diese wieder in derselben Reihenfolge die bekannten Namen. Der 1., 5. und 9.Sohn der Familie heißt also gleich – unser Guide erzählt von lustigen Situationen zu Hause, wenn die Mutter rief und alle drei Söhne kamen… Erheblichen Ausschlag für die immer noch hohe Kinderzahl in Indonesien ist natürlich die Tatsache, dass es keine staatliche Altersvorsorge gibt – die Söhne pflegen und versorgen ihre Eltern; ein System, das bislang funktioniert, allerdings auch dazu beiträgt, dass Indonesien mit ca. 237 Millionen Menschen das fünftgrößte Land der Welt ist, was die Bevölkerungszahl betrifft. Auf Bali leben allein rund 3 Millionen Menschen!

Unser erster Halt auf dem Tagesausflug ist das Dorf Penglipuran, ein traditionell balinesisches Dorf mit einer ganz speziellen Atmosphäre. Wir dürfen die einzelnen Häuser und die dort wohnenden Familien besuchen, die dafür gerne kleine Souvenirs verkaufen und unglaublich freundlich sind. Auf engen, von Basaltsteinen abgetrennten Grundstücken, leben sie dort, teilen sich die winzigen Schlafräume und haben auch noch Platz für kleine Tempel, die fast größer sind als das eigentliche Wohnhaus.
Am folgenden Tag soll ein großes Fest im Haupttempel stattfinden; wir sehen Frauen, alt und jung, die gemeinsam die Opfergaben für die Götter vorbereiten: sie knüpfen und fertigen kleine Körbe, binden Blumen, rollen undefinierbare Pasten zu kleinen Kügelchen.. Die Männer rupfen Hühner oder winden um die Statuen schwarz-weiß-(rot) karierte Tücher. Diese symbolysieren den ewigen kampf zwischen Gut und Böse, der niemals entschieden wird.

Demselben Thema widmet sich auch die Vorstellung, der wir beiwohnen dürfen: Fast eine Stunde lang tanzen in phantastischen Gewändern Menschen und Tiere einen Barong und Kristanz, den Tanz zwischen Gut und Böse. Nicht nur wir sind fasziniert von den Kostümen und unglaublich beweglichen Tänzern (allein die unzähligen Bedeutungen der Fingerhaltung schlagen uns in ihren Bann) – auch die Kinder und Erwachsenen des Dorfes sind gebannt.
Ein Gamelan-Orchester begleitet die Zeremonie: glockenähnliche Klänge, die für unsere europäischen Ohren gewöhnungsbedürftig sind. Jedes Dorf hat sein eigens Orchester mit wertvollen Instrumenten wie Gongs, Becken, Xylo- und Metallophonen, Trommeln und Flöten. Es gibt keine Noten – dennoch sind natürlich die Melodien festgelegt und jeder Gamelanspieler muss sich Hunderte von langen Weisen merken.

Zwei Stunden später verlassen wir, noch ganz gefangen von dieser Zauberwelt, das Dorf Richtung Kintamani, wo in einem großen, luftigen Restaurant eine Indonesische Reistafel auf uns wartet. Inzwischen haben wir fast 1600 Höhen-Meter erreicht, was uns frische Luft beschert und die gefürchtete Luftfeuchtigkeit nicht allzu drückend werden lässt. Der Blick auf den noch tätigen, oft rauchenden Vulkan Mt. Batur (1717m) ist zeitweise frei, ebenso wie der auf den pastellblauen Batur-See.
Das Essen ist großartig! Wir genießen unterschiedliche Fleisch- und Fischstückchen, mit Erdnusssoße oder scharfen Gewürzen, natürlich mit Reis. Vor allem der Nachtisch ist eine Herausforderung: habt ihr schon einmal eine Schlangenhautfrucht gegessen?! Mmmmhh!
Gebackene Banane, Litschis und und…

Nach der Mittagspause fahren wir zur Elefantenhöhle (Goa Gajah). Ausgrabungen förderten unter der Vulkanasche zwei Badebecken mit 6 steinernen Nymphenfiguren aus dem 11.Jhdt zutage. Den Eingang zur Höhle bildet der weit aufgerissene Mund eines Dämonenkopfes. Wir steigen tapfer die Stufen zum Tempel hinunter (und wieder hinauf), hier schon deutlich mit der Schwüle kämpfend. Straßenhändler bieten uns auf den letzten Metern bis zum Bus mehr oder weniger erfolgreich und aufdringlich ihre Ware an: Holzfiguren, Sarongs und T-Shirts. (‚one Dollar, one Dollar’- so viel Englisch können sie alle)

Wie kunstvoll Balinesen malen und schnitzen, können wir im Dorf Ubud bestaunen: Die Mischung aus europäischer und balinesischer nennt sich sogar Ubud-Malerei.

2 Kommentare:

kappenrentner hat gesagt…

Hallo ihr beiden,
nachdem hier wohl niemand so recht seinen "Senf" zu euren Berichten dazu gibt, muss ich damit einmal anfangen. Aus Zeitmangel habe ich sicherlich nicht alles lesen können. Das, was ich gelesen habe finde ich so toll, so farbig , mitreissend und so besonders informativ, dass ich mich manchmal wirklich in diese wunderbarte Welt, am anderen Ende derselben, versetzt fühle und denke, ich wäre dabei oder hätte das alles schon einmal selber erlebt. Hinzu kommen dann noch die tollen Fotos, die mich wirklich etwas neidisch auf eure tolle Reise werden lässt. Andererseits denke ich dann, dass 3 Monate am Stück doch zu lange für mich wären. Ist aber auch kein Thema. Da steht bei mir immer noch die Notwendigkeit davor, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Euch gönne ich die Reise aber von ganzem Herzen und bitte euch - macht weiter so, beichtet wie bisher und gebt das Erlebte an uns weiter.

Vielen Dank dafür. Euer
Kappenrentner Udo

Unknown hat gesagt…

. . . danke!!!
Ich kenne das Land aus Erzählungen, Fotos, Büchern, dem riesigen Pasar Malem in Den Haag und eben durch meine Herzensfamilie. Erkenne so vieles wieder was du beschreibst.
Tja und die Gamelan Musik ist in den meisten Fällen nichts für die europäischen Ohren - ich liebe sie inzwischen, genau wie den Spekkoek. Lasst es euch ganz gut gehen in einem Land, das ich sehr gern kennengelernt hätte. Aber ich bekomme ja ab und zu Besuch von dort und das ist auch ein Geschenk.
Alles Liebe und gute Weiterfahrt.
Sophie